Durch einen Artikel in der Rubrik „Wissen“ der Zeitung „Die Zeit“ vom 25.Juli 2024 wurde ich auf ein interessantes Thema aufmerksam, das uns möglicherweise in den kommenden Jahren mehr beschäftigen und weitere Studien anregen wird – der Artikel „Heißes Hirn“ von Harro Albrecht befasst sich mit den Auswirkungen von Hitzewellen, wie wir und weite Teile der Erde sie in den letzten Wochen erlebt haben, auf unseren Körper, unser Gehirn und unsere Psyche.

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Ich kenne es von mir selbst, und viele können da vielleicht ebenfalls auf eigene Erfahrungen  zurückgreifen, dass ich bei Temperaturen über 30 Grad geistig – und körperlich sowieso – nicht mehr, sagen wir mal, ganz so wendig bin, wie sonst. Dabei liebe ich den Sommer und warme Temperaturen sehr, aber am meisten natürlich, wenn ich in der heißen Zeit frei und nichts anderes zu tun habe, als entspannt – idealerweise in unmittelbarer Nähe eines Gewässers – herumzuliegen und gute Bücher und Fachliteratur zu lesen (oder Blogeinträge zu schreiben)… Arbeiten aber auch andere Alltagstätigkeiten wie Einkaufen, Haushalt etc. können bei hohen Temperaturen schon einmal zu einer größeren Herausforderung und für vorbelastete oder ältere Menschen sogar durchaus gefährlich werden.

Der Artikel aus „Die Zeit“ geht vor allem näher darauf ein, wie sich hohe Temperaturen auf unser Gehirn auswirken. Während „20 bis 26 Grad Celsius und 40 bis 60 Prozent Luftfeuchtigkeit […] noch angenehm“[1] empfunden werden, ändert sich das, wenn die Anzeige am Thermometer nach oben klettert. Der Artikel führt an, dass Erkrankungen wie Migräne, Multiple Sklerose, Epilepsie, Alzheimer, Parkinson und Gehirnhautentzündungen bei durch Hitze gestressten Körpern zunehmen. Aber auch die Psyche leidet unter den hohen Temperaturen, es gibt die Beobachtung, dass Depressionen und Manien in heißen Perioden vermehrt Menschen in Krankenhäuser führen. Die genauen Zusammenhänge werden noch genauer untersucht werden müssen, jedoch kann man, wie Albrecht in seinem Artikel anführt, annehmen, dass z.B. die verminderte Schlafqualität (wenn man sich z.B. schlaflos in so genannten Tropennächten im Bett wälzt) oder auch die Wechselwirkung zwischen Medikamenten z.B. gegen Depression und den Temperaturregulationsmechanismen des Körpers eine Rolle spielen können.[2]

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Aber was bedeutet das nun angesichts bestimmter Klimaveränderungen für uns? Wenn die Temperaturen weltweit steigen, können Auswirkungen spürbar werden. In diesem Artikel wird die Publikation „Die Psychologie und Neurowissenschaft der Klimakrise“ von Dorothea Metzen und Sebastian Ocklenburg angeführt, welche ich mir gleich zugelegt und interessiert zu Gemüte geführt habe. Darin schreiben die Autor:innen in der Einleitung: „Da unser Handeln, Erleben und Fühlen durch das Gehirn gesteuert werden, ist es wichtig, im Kontext der psychischen Folgen der Klimakrise auch ihre Auswirkungen auf die Funktion des Gehirns von Tieren und Menschen zu erläutern.“[3] In den folgenden Ausführungen geben die beiden eine Studie an, in welcher belegt werden konnte, dass bei Hitzewellen (mit Temperaturen über 27,6 Grad Celsius) 7% mehr durch bereits vorhandene psychische Erkrankungen – wie Demenz, Depression, Angst- und Panikstörungen, Schizophrenie, Essstörungen, Entwicklungsstörungen und Schlafstörungen – vorbelastete Menschen hospitalisiert wurden.[4]

Von den unmittelbaren Effekten von Hitze auf das menschliche Gehirn und die Psyche abgesehen, weisen die beiden Autor:innen auch auf andere Auswirkungen des Klimawandels auf die Psyche hin. Eine Zunahme von Naturkatastrophen wie Flutkatastrophen und Waldbränden kann zu einer Zunahme an Posttraumatischen Belastungsstörungen führen.[5] Außerdem ist zu beobachten, dass vor allem die jüngere Generation durch Zukunftssorgen aufgrund der Klimakrise belastet ist und sich mit Wut über die Ungerechtigkeit, etwas ausbaden zu müssen, das sie nicht verursacht hat, und mit Angst auseinandersetzt.[6]

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Und was heißt das jetzt? Es bedeutet wohl, dass dies ein Thema ist, mit dem sich einerseits die Forschung und andererseits die helfenden Berufe wie Psychotherapeut:innen, Psycholog:innen künftig auch in der ein oder anderen Form auseinandersetzen werden. Ähnlich wie z.B. die Corona-Pandemie, aktuelle Kriege oder andere Welt-Ereignisse werden wahrscheinlich auch die Auswirkungen des Klimawandels und / oder auch der Diskurs darüber auf die eine oder andere Art ihren Weg in die Praxen finden, weil dies unseren Alltag mitprägt und auf mehreren Ebenen auf uns wirkt.


[1] Albrecht, Harro: Heißes Hirn, in: Die Zeit, 25.6.2024, S. 29.

[2] Vgl. Albrecht: Heißes Hirn, S. 29.

[3] Metzen, Dorothea, Ocklenburg, Sebastian. Die Psychologie und Neurowissenschaft der Klimakrise. Wie unser Gehirn auf Klimaveränderungen reagiert. Berlin: Springer, 2023, S.1.

[4] Vgl. Metzen, Ocklenburg, S. 17.

[5] Vgl. Metzen, Ocklenburg, S. 23.

[6] Vgl. Metzen, Ocklenburg, S. 31.